Und Leserbrief an die WAZ-Zentralredaktion
Bezug auf den Artikel auf der Wirtschaftsseite der WAZ vom 15.06.2011: „Immer mehr sind nur mit Hartz IV selbstständig“
Verschiedenen Medien war zu entnehmen, dass die Bundesagentur für Arbeit sich darüber beschwert, dass immer mehr Selbstständige aufstockende Leistungen gemäß SGB II beziehen. So wurde für Nordrhein-Westfalen eine Zunahme der Leistungsbezieher von Dezember 2007 (13.974) auf Februar 2011 (22.817) beklagt. Diese Klage ist scheinheilig und nur Ausdruck davon, dass eine Schikane, die das damalige Arbeitsministerium sich ausgedacht hat, nicht funktioniert hat sondern nach hinten losgegangen ist.
Bis Ende 2007 wurde bei Selbstständigen unter Bezugnahme auf § 15 SGB IV als Einkommen angesetzt was sich aus dem Steuerbescheid ergab. Grundlage für die Einkommensberechnung war also der Steuerbescheid. Damals wurde seitens des Arbeitsministeriums und auch der Bundesagentur für Arbeit behauptet, dass Selbstständige sich durch die Wahl geschickter Steuerberater arm rechnen. Daraufhin wurde die Arbeitslosengeld II-Verordnung am 17.12.2007 erlassen. In dieser Verordnung wurde in § 3 Abs. 1 geregelt, dass nicht mehr auf das steuerpflichtige Einkommen abzustellen ist sondern von den Betriebseinnahmen auszugehen ist. In § 3 Abs. 1 Satz 2 ALG-VO wurden dann die Betriebseinnahmen definiert als diejenigen Einnahmen, die während des Bewilligungszeitraums tatsächlich zufließen. In der Folge gab es dann erhebliche Probleme mit den ARGEn dahingehend, dass Geldzuflüsse unter Umständen nicht angesetzt werden können, weil diese dazu dienen, z. B. Ware einzukaufen, die dann weiterverkauft werden soll. Weiterhin wurde den ARGEn die Schätzmöglichkeit des § 3 Abs. 3 Satz 2 ALG-VO eröffnet, wo die ARGEn völlig willkürlich Erhöhungen der Einnahmen vorgenommen haben mit der Begründung, die tatsächlich angegebenen Einnahmen seien zu niedrig.
Das Bundesministerium hat insofern ein völliges Chaos verursacht, das dann auf dem Rücken der Selbstständigen ausgetragen wurde.
Der Gesetzgeber ist aufgerufen, wieder zur alten Regelung dahingehend zurückzukehren, dass Einnahmen dasjenige sind, was das Finanzamt als steuerpflichtiges Einkommen ansetzt. Alles andere führt nur zu Chaos und Schikane.