Leserbrief an die WAZ

 

Leserbrief zu dem Artikel in der Lokalausgabe vom 05.02.2020 "Jobcenter: Kürzungen in der Kritik"

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

aus den Materialien zur 31. Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales am 04.02.2020 ergibt sich eine Stellungnahme des Jobcenters und des Jugendamtes zum Problemkreis Sanktionen gegen Alleinerziehende, speziell wegen Meldeversäumnissen.

 

Nach den Regelungen des SGB III (ALG I) ist gemäß § 309 Abs. 3 Satz 2 SGB III ein Meldetermin nach Tag und Tageszeit auch dann erfüllt, wenn die meldepflichtige Person sich zu einem anderen Zeitpunkt am selben Tag meldet und der Zweck der Meldung insoweit erreicht wird.

 

Eine solche Regelung gibt es im SGB II (Hartz IV) nicht. Hier ist in § 32 Abs. 1 Satz 1 geregelt, dass Leistungsberechtigte, die trotz schriftlicher Belehrung etc. einer Aufforderung des zuständigen Trägers nicht nachkommen, eine Minderung um 10 % des Regelsatzes erfahren.

 

Die unterschiedliche rechtliche Behandlung desselben Tatbestandes (sich nicht zum korrekten Zeitpunkt bei der Behörde melden) stößt auf Unverständnis, sondern auch in der Kommentarliteratur. Berlit führt in LKP-SGB II 6. Auflage unter § 32 Rnr. 9 aus, dass die Meldepflicht in analoger Anwendung des § 309 Abs. 3 Satz 2 SGB III auch dann nachgekommen ist, wenn am gleichen Tag der Leistungsberechtigte sich bei der Behörde meldet. Nichts anderes ergibt sich aus der Kommentierung von Knickrehm/Hahn in Eicher/Luick SGB II 4. Auflage § 32 Rnr. 14.

 

Die letztere Kommentierung geht sogar noch weiter und fordert eine subjektive Vorwerfbarkeit des Verstoßes gegen die Meldeaufforderung und bezieht sich hierbei auf eine Entscheidung vom 09.11.2010 zum Aktenzeichen B 4 AS 27/10 R. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass Frau Knickrehm vorsitzende Richterin im 4. Senat des BSG gewesen ist.

 

Das hiesige Jobcenter sei insoweit aufgefordert, der Rechtsprechung des BSG und der Kommentarliteratur zu folgen.

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